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  • AutorenbildEmily Paersch

Beitze Bu


Beitze Bu ist die Biografie des Hunsrücker Unternehmers Otto Beitz, die von seiner Ehefrau, Gisela Beitz, als besonderes Geschenk in Auftrag gegeben wurde. Ohne das Wissen und die Einbindung des Ehemanns ist nach vielen Gesprächen mit Familienmitgliedern, Freunden, Geschäftspartnern, Angestellten und Auszubildenden ein buntes Potpourri entstanden – ein biografisches Puzzle, das bis in die Kindheitstage des Beitze Bu zurückreicht und sich um einen Menschen rankt, der von allen Gesprächspartnern unisono als kraftvoller Macher beschrieben wird, ein Powerbündel, umtriebig, ideenreich und geschäftstüchtig. In “geheimer” Aktion entstand 2015 Teil 2 des ungewöhnlichen Biografieprojektes. Auch dieses Mal wurde ohne Wissen des Ehemanns Geschichten unterschiedlichster Wegbegleiter aus den letzten zehn Jahren zusammengetragen und die Lebensrückschau so quasi à jour gebracht – für eine Biografin eine ungewöhnliche und zugleich schöne Form der “Reisebegleitung”.


Buchausschnitt „Sieh da, ein Mensch – nichts Menschliches ist mir fremd“


Als wir ihn kennenlernten, war er frischgebackener Jungunternehmer. Heizung, Installation, Sanitär, die „menschlichen, allzumenschlichen Grundbedürfnisse“ erledigte er mit einer Bravour und Solidität, die jeden vielfach ausgezeichneten Meister hätte vor Neid erblassen lassen. Gespräche mit ihm wiesen aber über das Installateursdasein weit hinaus: „Wenn ich deinem Schwohr jetzt die Rechnung genn, dann soll er sich de erscht emol hiensetze,“ ließ er meinen Schwager, Otmar Hammel, wissen. Und in der Tat, ich habe mich „hiengesetzt“: Ottos Abrechnung wies ungeniert über den Keller in der Hindenburgstraße 2a hinaus, die Bauer’sche Transfersumme wurde – laut Otto – zum Startkapital für ein globales Agieren des Lindenschieder Jungunternehmers.


Im übrigen erfolgte die Abnahme des „Meisterwerks“ in Begleitung der kleinen Tochter Sonja. Der ganze Stolz des Vaters ergoss sich in den geflügelten Worten: „Dat is mei bescht Stigg.“ Danach verloren wir uns für’s Erste aus den Augen. Unsere Wege kreuzten sich ein weiteres Mal, als es um Sonjas Hilfe in Mathematik ging: Mit meiner Vermittlung „muscht de’ Glockner in Häne ran“. „Halte nur den für einen Freund, dem Du genauso vertraust wie Dir selbst.“ Die Definition für wahre Freundschaft könnte nicht besser ausgefallen sein als die, welche vor 2000 Jahren der Erzieher des römischen Kaisers Nero und Philosoph Seneca seinen Zeitgenossen ins Stammbuch geschrieben hat. Wie oft durfte ich etwa ab der Mitte des Jahres 1999 mit Otto meine mich oft quälenden Gedanken in punkto Gesundheit austauschen, wenn ich über ein Jahr lang fast jeden (!) Samstagmorgen in Lindenschied vor dem Kopierer stand und Akten kopierte, eine Tätigkeit vollführte, von der ich in aller Ungewissheit nicht wusste, ob sie überhaupt Sinn hatte. Sie hatte! Unter anderem auch deshalb, weil die Lindenschieder Begegnungen Balsam auf die geschundene Seele wurden.


Seitdem ist Lindenschied eine „erste Adresse“, die Freundschaftbeziehungen sind in vielerlei Hinsicht intensiviert. So war der Transport der Stühle aus der Stadthalle anlässlich der Konfirmation von Annegret selbstverständlich und schon mit deren Abholung stand die Frage im Raum: „Wan faahre ma se wiere serigg?“ Im übrigen erwies sich Otto bei diesem Transfer ganz als der Chef seiner Firma: Stolz auf den eben erworbenen LKW galt es dem Bittsteller Alfred vor der Kirchberger Stadthalle die Technik des „Vehikels“ zu präsentieren. Langsam senkte sich die hintere Ladefläche zu Boden – doch wir trauten unseren Augen nicht: Auf dem LKW staute sich allerhand Gerümpel und Abfall, der zunächst in Lindenschied entsorgt werden musste.


Unterwegs dorthin geriet der in der Firma für den LKW Verantwortliche zu einem bedauernswerten Wichtlein: „Der hot sei Kopp ach nohre um die Schmeer (das Marmeladenbrot) unnner de Naas dorch se schiewe“, ließ sich Otto vernehmen und drohte seinem Arbeiter, „iehn de Mondach in de Sänkel se stelle!“ Wenig später wurden die Paare Beitz und Bauer von Rüdiger Karduk vom Tanzzentrum Surprise in Simmern zwar nicht in den Senkel gestellt, aber immerhin lateinamerikanisch und standardmäßig auf die Tanzfläche gebeten. Zu Sternstunden der Begegnung mit dem „eigentlichen“ Otto wurden schließlich die Ausonius-Wanderung und die Bonifatius-Wanderung, jeweils in den Herbstferien 2003 und 2004. Mit Schinken, Brot und einer häufigen Stärkung aus der Zaubertrankpulle, die unterwegs immer mal wieder aufgefüllt wurde, überwand der „eiserne“ Otto alle Hürden und erwies sich als der heimliche Scout einer oft buchstäblich im Wald stehenden Wandergruppe. Nur einmal verließen ihn die Kräfte: Auf der Zielgeraden in die Augusta Treverorum (Trier) machte er schlapp, der Bustransfer wurde zum Rettungsanker für den angeschlagenen, sonst immer gut gelaunten Fährtenleser und Energiebündel.


Erinnerungen von Margit und Alfred Bauer

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